Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronische Entzündung der Gallengänge. Sie führt zu einer bindegewebigen Vernarbung und Verengung der kleinen und großen Gallengänge in und außerhalb der Leber, zur Galleabflußbehinderung (Gallestauung = Cholestose) und damit allmählich zur Leberzirrhose. Angaben über die Häufigkeit der PSC sind weit gestreut, sie wird aber immer häufiger diagnostiziert. Sie befällt überwiegend Männer und kommt auch bei Kindern vor.
Die PSC gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Bei dieser Art von Erkrankungen begeht das Immunsystem den Fehler, eigene Organe oder Zellen für fremd zu halten und beginnt, gegen diese vorzugehen, wodurch es zu einer Entzündung der Gallengänge und später zur Narbenbildung kommt. Auslösende Faktoren sind nicht sicher bekannt, eine Häufung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa Morbus Crohn) gilt als gesichert.
Körperliche Untersuchung und Ultraschall
In den Frühstadien der Krankheit ergibt die körperliche Untersuchung oft keinerlei Hinweis auf die Krankheit. Die Leber kann leicht vergrößert, aber auch normal groß sein. Besteht eine der beiden chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, so kann es zu Druckschmerz im Bauchraum kommen. Man tastet eine Versackung von Darmschlingen oder man hört Gluckern und Rumoren im gesamten Bauch. In der Ultraschalluntersuchung lassen sich bei den weiter fortgeschrittenen Stadien Gallengangserweiterungen und Aussackungen der Gallenwege und schließlich das Bild der kompletten Zirrhose erkennen.
Laboruntersuchungen des Blutes
Sie geben Aufschluss über die Erkrankung und ihr Stadium.
Endoskopisch Retrograde Cholangiographie
Die entscheidende diagnostische Maßnahme besteht in der Röntgendarstellung des außer- und innerhalb der Leber gelegenen Gallenwegsystems. Dabei wird wie bei der Magenspiegelung ein Endoskop in den Dünndarm eingeführt. Durch dieses wird dann das Röntgenkontrastmittel direkt in den Gallengang eingespritzt. So erkennt man schon in den Frühphasen der Krankheit die typischen Aussackungen und Abbrüche der Gallengänge.
Gewebeentnahme aus der Leber (Leberbiopsie)
Die mikroskopische Untermauerung der Diagnose mittels Leberbiopsie ist wünschenswert. Dabei wird ultraschallgesteuert mit einer dünnen Nadel und in örtlicher Betäubung Gewebe aus der Leber entnommen.
Durch die chronische Entzündung der Gallengänge bilden sich als Entzündungsreaktion Verengungen (Stenosen) der Gallengänge. Die Folge ist eine Störung des Gallenflusses, eine so genannte Cholestase. Die Krankheit verläuft meist in Schüben. Ein allgemeines Krankheitsgefühl, ein Leistungsknick und Müdigkeit sind erste Symptome. Juckreiz ist häufig. Fieberhafte Temperaturen weisen auf eine zusätzliche bakterielle Entzündung der vernarbten, eingeengten Gallengänge hin. Eine vorübergehende oder länger anhaltende Gelbfärbung der Auge, gelegentlich auch eine leichtere Gelbfärbung der Haut kann bei starkem Gallengangsverschluss auftreten. Bei 30% der Patienten entwickeln sich Gallensteine.
Liegt außerdem eine chronisch entzündliche Darmkrankheit vor wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, kommt es zu den enstsprechenden Symptomen dieser Krankheiten. Die die PSC begleitenden Darmkrankheiten können aber auch nur geringfügig ausgeprägt sein und werden vom Patienten oft nicht bemerkt.
Weiterhin kann es auch zu rheumatischen Veränderungen an den Gelenken und zum Knochenabbau (Osteoporose) kommen. In einem späteren Stadium entwickeln sich die Symptome der Leberzirrhose.
Die PSC wird in vier Stadien eingeteilt:
Stadium I:
Entzündung und Bindegewebsvermehrung um die kleineren Gallengänge.
Stadium II:
Die Entzündung greift auf das Lebergewebe über. Die Vernarbung in der Umgebung der Gallengänge schreitet fort.
Stadium III:
Es kommt zu einer stärkeren Narbenbildung
Stadium IV:
Biliäre Leberzirrhose
Mögliche Folgen und Komplikationen
- Gallensteine
- Entwicklung eines Gallengangkarzinoms
- Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs
- Die Notwendigkeit einer Lebertransplantation
Die PSC wird in 80 bis 90% der Fälle von einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit begleitet (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn).
Die medikamentöse Therapie besteht in der Verabreichung von Ursodeoxycholsäure (UDC) in hoher Dosierung. Sie beginnt unmittelbar nach Diagnosestellung und dauert lebenslang. UDC kann aber die narbigen Einengungen an den Gallengängen nicht wieder öffnen, sondern wirkt nur auf den Gallestau und entzündungshemmend. Deshalb hat sich die Kombination von UDC mit einer Erweiterung der Gallenwege, der so genannten endoskopischen Ballondilatation, als hilfreich erwiesen. Dabei wird ein Endoskop bis vor die Gallengangsmündung im Zwölffingerdarm vorgeschoben, und ein schmaler Katheter in den Gallengang eingeführt. Der am Ende des Katheters befindliche Ballon wird durch Flüssigkeitseinspritzung auf gedehnt und die Einengung wieder durchgängig gemacht. Die Kombination der beiden Therapien führt zu einer deutlichen Lebensverlängerung.
Lässt sich die Krankheit durch die medikamentös-endoskopische Therapie nicht mehr erfolgreich behandeln, so folgt die Lebertransplantation. Ob eine PSC erneut in einer transplantierten Leber auftreten kann, ist ungeklärt.
Behandlung der chronisch entzündlichen Darmkrankheit
Wenn neben der PSC gleichzeitig ein Morbus Crohn vorliegt, so wird in der akuten Phase mit einem Cortison-Präparat behandelt. Ist die Krankheit in die Ruhephase übergegangen, wird Cortison allmählich reduziert und durch eine andere immunsuppremin Medikation oder ein Mesalazinpräparat ersetzt. Wird die PSC von einer Colitis ulcerosa begleitet, was wesentlich häufiger ist, so erfolgt die Behandlung im akuten Schub genauso wie beim Morbus Crohn, aber in Verbindung mit Mesalazin. Die Dauerbehandlung zur Vermeidung eines neuen Entzündungsschubes wird ebenfalls mit Mesalazin durchgeführt. Eine Operation ist beim Morbus Crohn nur bei schweren Komplikationen sinnvoll.
Zwingen schwerwiegende Komplikationen zur Operation der Colitis ulcerosa, so stellt die totale Entfernung des Dickdarms eine Heilung der Krankheit dar. Natürlich versucht man diese große Operation zu vermeiden, was auch bei den meisten PSC-Patienten gelingt.
Eine Vorbeugung ist nicht möglich
Was Sie selber tun können, wenn Sie eine PSC haben
- Die wichtigste und unbedingt einzuhaltende Maßnahme ist ein vollständiger Verzicht auf Alkohol!
- Besprechen Sie eine Medikamenteneinnahme wegen anderer Krankheiten mit ihrem Arzt. Möglicherweise erfolgt eine Umstellung von notwendigen Medikamenten auf für die Leber ungiftige Stoffe.
- Achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung.
Text in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Markus Peck-Radosavljevic