Eine Leberzirrhose ist eine fortgeschrittene Vernarbung der Leber, die in der Regel durch einen jahrelangen Entzündungsprozess in der Leber hervorgerufen wird. Diesen Entzündungs- und Vernarbungsprozess nennt man „Fibrosierung“ die stadienhaft in 4 Fibrosegrade (F1-4) unterteilt wird, wobei F4 bereits einer Leberzirrhose entspricht.
Die Ursachen für diesen Entzündungsprozess der schließlich zur Zirrhose führen kann sind vielfältig. Zu den häufigsten zählen eine chronische Virushepatitis (B oder C), Alkoholkonsum, bzw. eine entzündete Fettleber („nicht-alkoholische Steatohepatitis“, NASH). Seltener sind es Autoimmunkrankheiten (Primär biliäre Zirrhose „PBC“, Autoimmunhepatitis „AIH“) bzw. Stoffwechselkrankheiten (Eisenspeicherkrankheit „Hämochromatose“) der Leber. Bei einigen Patienten bleibt die Ursache trotz aller diagnostischer Anstrengung im dunklen („kryptogene Zirrhose“).
Im wesentlichen gilt die Regel: jede chronische Lebererkrankung, egal welcher Ursache, kann durch einen chronischen Entzündungsprozess zu einer Leberzirrhose führen.
Bekommt jeder Patient mit einer chronischen Lebererkrankung irgendwann eine Leberzirrhose ?
Die meisten chronischen Lebererkrankungen haben einen eher langsamen Verlauf. Im Falle der unbehandelten chronischen Hepatitis C gilt die Faustregel, dass circa 30% der Patienten nach einer Krankheitsdauer von ca. 20-30 Jahren eine Leberzirrhose entwickeln. Ähnliches gilt auch für die chronische Hepatitis B. Im Falle einer unbehandelten Autoimmunhepatits (AIH) ist der Verlauf deutlich schneller- die meisten Patienten entwickeln innerhalb von 10 Jahren eine Leberzirrhose. Im Falle des Alkohols ist der Verlauf ebenfalls langwierig und sehr von der konsumierten Alkoholmenge, sowie vom Geschlecht abhängig.
Das individuelle Risiko des einzelnen Patienten ist jedoch nicht immer leicht abzuschätzen. Dieses Risiko hängt einerseits sehr stark davon ab, wie fortgeschritten die Lebererkrankung bereits zum Zeitpunkt der Diagnose ist- sprich wie lange die Erkrankung bereits im Verborgenen undiagnostiziert bestanden hat. Hier ist eine schmerzlose Bestimmung der Lebersteifigkeit mittels Elastographie („Fibroscan“) von großer Bedeutung. Mit Hilfe dieser Methode kann man ohne Gewebsentnahme eine bereits fortgeschrittene Lebererkrankung (F3 bzw. F4) bestätigen zw. ausschließen.[nbsp][nbsp] Weiters hängt das Voranschreiten zur Leberzirrhose auch vom Alter, der genetischen Disposition und von der Art und Zahl der gleichzeitig bestehenden Risikofaktoren (z.B. Alkoholkonsum, Fettleibigkeit, Diabetes, Ko-Infektion mit HIV und/oder Hepatitis B, C) ab: so hat zum Beispiel ein übergewichtiger Hepatitis C Patient mit Diabetes, der regelmäßig Alkohol trinkt, ein höheres Risiko deutlich schneller eine Leberzirrhose zu entwickeln.
Symptome der Leberzirrhose sind kleine rötliche ausgefranste Hautveränderungen („Spider naevi“), Muskelverlust, eine vergrößerte Milz, bzw. Zeichen der „Leberschwäche“ („Dekompensation“) wie z.B. Gelbsucht (Ikterus), Bauchwasser (Aszites), neurologische Symptome wie grobschlägiges Zittern/Verwirrung/Schläfrigkeit („hepatische Enzephalopathie“). Meist finden sich diese Zeichen aber erst bei fortgeschrittener und kaum bei Patienten mit „kompensierter“ (stabiler) Leberzirrhose. Das bedeutet, dass ein Fehlen solcher Zeichen eine Zirrhose keinesfalls ausschließt und weitere Methoden zur Identifizierung von frühen Stadien der Leberzirrhose (kompensierte Leberzirrhose) angewandt werden müssen.
Was zeigt die Bildgebung bei einer Leberzirrhose ?
Hier spielt die Bildgebung eine zentrale Rolle, wobei der Ultraschall als Mittel der Wahl anzusehen ist. Eine erhöhte, ev. grobkörnige Echogenität der Leber, eine fein-oder grob-buckelige Höckerung der Leberoberfläche sowie indirekte Zeichen wie eine vergrößerte Milz und Umgehungskreisläufe (Kollateralen) oder Bauchwasser können einen entscheidenden Hinweis für die Diagnose liefern.
Welche Laborwerte sind für die Diagnostik bei einer Leberzirrhose wichtig ?
Im Labor achtet man weniger auf die klassichen Leberwerte „Transaminasen“ (GPT/GOT), die oft fälschlich als „Leberfunktionsparameter“ bezeichnet werden. Die Transaminasen können bei zirrhotischen Patienten oft normal oder nur leicht erhöht sein.
Wichtige Leberfunktionsparameter sind Marker einer eingeschränkten Produktionsleistung („Syntheseleistung“) wie die Gerinnungsmarker PTZ ([lt]70%) oder INR ([gt]1.3), das Protein Albumin ([lt]35g/l) bzw. der Ausscheidefunktion (Bilirubin[gt]1.5mg/dL). Diese Werte fließen auch in die verschiedenen prognostisch wichtigen Punktesysteme (Child Pugh Stadien, MELD Score) zur Stadieneinteilung der Leberzirrhose ein und sollten unbedingt bestimmt werden.
Eine besondere Bedeutung liegt auch in einer eventuell bestehenden niedrigen Thrombozytenzahl ([lt]150 G/L): diese weist auf das Vorliegen eines Leberhochdrucks (portale Hypertension, s.u.) hin. Letztere kann schließlich durch einen Nachweis von Krampfadern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) mittels Magenspiegelung (Gastroskopie) bestätigt werden. Goldstandard zur Diagnostik einer portalen Hypertension ist die Lebervenendruckmessung (HVPG), die jedoch oft nur an spezialisierten Zentren (Transplantationszentren) durchgeführt werden kann.
Wie kann man den eine Zirrhose bei unklaren Fällen bzw. in der Frühphase diagnostizieren?
Ist die vorliegende klinische Befundkonstellation jedoch für eine Leberzirrhose nicht eindeutig, bleibt die Leberbiopsie die Referenzmethode, um den Grad der Lebervernarbung (Fibrosestadium) zu bestimmen. Alternativ können, sofern verfügbar, auch nicht-invasive Methoden wie die Messung der Lebersteifigkeit mittels transienter Elastographie (z.B. Fibroscan®) verwendet werden: ein Wert von [gt]12.5 kPa spricht für eine Leberzirrhose, ein Wert von ≥21kPa bereits für das Vorhandensein eines Leberhochdrucks (portale Hypertension).
Wie kann man den Schweregrad einer Leberzirrhose feststellen ?
Zur Stadieneinteilung der Leberzirrhose werden verschiedene klinische Punktesysteme verwendet. Die beiden wichtigsten in diesem Zusammenhang sind der s.g. Child-Pugh Score und der MELD-score. Beiden Punktesystemen ist gemeinsam, dass eine höhere Punkteanzahl mit einer deutlichen Zunahme der Sterblichkeit verbunden ist.
Leider sind jedoch beide Punktesysteme nicht in der Lage Komplikationen der Leberzirrhose ausreichend zu erfassen. Zu diesen zählen Bauchwasser mit oder ohne Infektion („spontan bakterielle Peritonitis“), Blutungen aus den Speiseröhrenvarizen (Ösophagusvarizen), Nierenschwäche (hepatorenales Syndrom) und Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC), welche allesamt mit einer dramatischen Verschlechterung der Prognose verbunden sind. Diese müssen stets durch Erhebung der gesamten Krankengeschichte erfasst werden.
Nach der Diagnose Leberzirrhose verbleiben im wesentlichen 4 therapeutische Ziele: 1) Feststellung der zur Grunde liegenden Lebererkrankung mit Einleitung einer entsprechenden Therapie, wenn möglich 2) Früherkennung eines Hepatozellulären Karzinoms (HCC) 3) Vermeidung bzw. Behandlung von Komplikationen des Leberhochdruckes (portale Hypertension) sowie 4) Zeitgerechte Listung für eine Lebertransplantation, nachdem die Wartezeit auf ein Organ in Österreich durchschnittlich 6-12 Monate beträgt.
Nach der Diagnose Leberzirrhose verbleiben im wesentlichen 4 therapeutische Ziele: 1) Feststellung der zur Grunde liegenden Lebererkrankung mit Einleitung einer entsprechenden Therapie, wenn möglich 2) Früherkennung eines Hepatozellulären Karzinoms (HCC) 3) Vermeidung bzw. Behandlung von Komplikationen des Leberhochdruckes (portale Hypertension) sowie 4) Zeitgerechte Listung für eine Lebertransplantation, nachdem die Wartezeit auf ein Organ in Österreich durchschnittlich 6-12 Monate beträgt.
Wieso ist die Behandlung der zu Grunde liegenden Lebererkrankung bei Leberzirrhose wichtig ?
Je nach gefundener Ursache sollte die zu Grunde liegende Lebererkrankung behandelt werden. Dies bedeutet zum Beispiel absolute Alkoholkarenz, Start einer antiviralen Therapie (bei Virushepatitis), Immunsuppression (bei Autoimmunhepatitis, AIH), Aderlass (bei Hämochromatose) bzw. Ursodesoxycholsäure (bei primär biliärer Zirrhose, PBC) und konsequente diätische Massnahmen inklusive Gewichtsreduktion (bei NASH).
Insbesondere Patienten mit chronischer Hepatitis C und Leberzirrhose haben eine dringliche Indikation zur antiviralen Therapie, da das Erreichen einer anhaltenden Virusnegativität (sustained virologic response, SVR) beim zirrhotischen Patienten das Risiko für eine Dekompensation (Bauchwasser, Varizenblutung etc.) und somit die Sterblichkeit deutlich senkt. Darüber hinaus konnten wissenschaftlichen Arbeiten klar zeigen, dass mit einer Eliminierung des Hepatitis C Virus auch das Risiko abnimmt ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) zu entwickeln. Ähnliches gilt auch für die erfolgreiche Behandlung Hepatitis B Virus.
Was kann man tun um das Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom zu reduzieren ?
Das hepatozelluläre Karzinom ist mittlerweile die häufigste Todesursache zirrhotischer Patienten. Sobald eine Leberzirrhose besteht, beträgt das Risiko einen Leberkrebs zu bekommen durchschnittlich etwa 1-6% pro Jahr. Die wichtigste Vorbeugemaßnahme ist wie gesagt die erfolgreiche Behandlung der zur Grunde liegenden Lebererkrankung ab dem Zeitpunkt der Diagnose, aller spätestens jedoch bei Diagnose einer Leberzirrhose. Begleitend können einige Allgemeinmaßnahmen empfohlen werden, die in diversen epidemiologischen Studien mit einem geringerem HCC Risiko verbunden waren. Dazu zählen ein regelmäßiger moderater Kaffeekonsum (3-4 Tassen/Tag), optimale Diabeteseinstellung (v.a. mit Metformin), Senkung des Cholesterinspiegels mittels Statinen und eine mediterrane Ernährung.
Kann man das hepatozelluläre Karzinom durch eine Vorsorgeuntersuchung früh erkennen ?
Alle Patienten mit einer fortgeschrittenen Lebererkrankung (ab Fibrosegrad 3 bzw. Zirrhose) sowie Patienten mit aktiver Hepatitis B unabhängig vom Grad der Lebererkrankung, sollten daher zwei mal pro Jahr einen hochqualitativen Ultraschall der Leber durchführen lassen. Ziel dieser Untersuchung ist es, das HCC im Frühstadium zu entdecken, um es heilen zu können. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass selbst nach erfolgreicher Behandlung der Grundkrankheit der Leber (z.B. Elimination des Hepatits C Virus beim zirrhotischen Patienten) ein relevantes Restrisiko zur Entwicklung eines HCC bestehen bleibt. Daher sollten zirrhotische Patienten auch nach erfolgreicher Therapie weiterhin einer HCC Vorsorge zugeführt werden. Sollte der Patient konstitutionsbedingt schlecht „schallbar“ sein, kann eine Schnittbildgebung (idealerweise MRT) zumindestens 1x/Jahr herangezogen werden.
Die Bestimmung des Tumormarkers Alpha Fetoprotein (AFP) wurde aufgrund mangelhafter Sensitivität (bei einem Grenzwert von [gt]100 ng/ml ) und Spezifität (bei einem Grenzwert von [gt]20 ng/ml) für die Erkennung früher Tumoren aus den HCC Vorsorge Richtlinien aller Fachgesellschaften wegen mangelhafter Kosteneffektivität verbannt. Insbesondere Hepatitis C Patienten zeigen als Phänomen der Virusvermehrung oft erhöhte und fluktuierende AFP Werte, die möglicherweise eine kostenintensive „Überdiagnostik“ verursachen können. Andererseits triggerte eine Verdoppelung des AFP 21% aller HCC Frühdiagnosen in einer prospektiven Studie, sodass eine AFP Bestimmung für die Vorsorge bei fehlendem Kostendruck dennoch vertretbar erscheint.
Warum kommt es zu den Komplikationen der portalen Hypertension ?
Die zentrale Komplikation einer Leberzirrhose ist die Entwicklung einer portalen Hypertension (Leberhochdruckes), welche zu Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen), Bauchwasser (Aszites) und Leber bedingter Verwirrung (hepatische Enzephalopathie, HE) führen kann.
Das mit Nährstoffen angereicherte Blut aus dem Darmtrakt wird normalerweise über ein Blutgefäß (Pfortader) zur Leber gebracht, wo durch den Kontakt mit den Leberzellen lebenswichtige Stoffwechsel- (Proteinaufbau, Zuckerbildung etc.), Abbau -(Ammoniak etc.) und Entgiftungsprozesse (Ausscheidung von Bilirubin, Medikamenten etc.) stattfinden. Das Blut fließt dabei langsam durch die Leber hindurch und wird über die Lebervenen und schließlich über die große untere Hohlvene wieder zurück zum Herzen gebracht.
Bei Leberzirrhose kommt es wegen der ausgeprägten Vernarbung der Leber zu einem erhöhten Blutflusswiderstand in der Leber. Es bilden sich folglich so genannte Umgehungskreisläufe aus, die das Blut an der Leber vorbei zurück zum Herzen leiten („Shunting“)- diese Umgehungskreisläufe ziehen oft über die Speiseröhre und bilden die erwähnten Ösophagusvarizen, welche bei zu hohem Druck in den Varizen platzen und lebensbedrohlich bluten können (Ösophagusvarizenblutung).
Zusätzlich fließt das Blut durch diese Umgehungskreisläufe ja an der Leber vorbei und wird dadurch auch der Entgiftungsfunktion der Leber entzogen. Gifte wie z.B Ammoniak gelangen ins Gehirn und können die Leber bedingte Verwirrung (hepatische Enzephalopathie) auslösen.
Weiters steigt durch den erschwerten Blutfluss durch die Leber auch der Blutdruck in der zuleitenden Pfortader an, wodurch Wasser aus dem Blut in die Bauchhöhle gepresst und somit Bauchwasser (Aszites) gebildet wird, das den Dickdarm umspült, und sich so leicht durch Bakterien (die spontan durch die Darmwand in den Aszites auswandern) entzünden kann („spontan bakterielle Peritonitis“). Der mit fortschreitender Leberzirrhose einhergehende zunehmende Verlust der Leberfunktion verschlimmert die geschilderten Prozesse. Darüberhinaus kann die verminderte Ausscheidefunktion der Leber zur mangelhaften Ausscheidung von Bilirubin in die Galle und so zur Gelbfärbung der Haut (Ikterus) führen.
Der Leberfunktionsverlust erklärt sich durch den Verlust von funktionalen Leberzellen. Die damit verbundene mangelhafte Proteinbildung in der Leber führt dazu, dass der Körper zur Kompensation Reserven mobilisieren muss- es kommt zum Muskelabbau und somit zum Muskelverlust. Im Vollbild der schweren Leberzirrhose imponieren die Patienten daher folglich oft gelb, verwirrt, mangelernährt (kachektisch) und mit großem Wasserbauch.
Wie diagnostiziert man Ösophagusvarizen ?
Jeder Patient mit Leberzirrhose sollte einer Gastroskopie (Magenspiegelung) zum Ausschluss von Ösophagusvarizen unterzogen werden. Patienten ohne Varizen benötigen keine spezifische Therapie, die Gastroskopie sollte jedoch alle 2 Jahre wiederholt werden. Patienten mit kleinen Varizen sollten jährlich eine Kontrollgastroskopie haben, um eine Größer werden der Varizen auszuschließen. Im Einzelfall kann man bei kleinen Varizen schon den medikamentösen Einsatz von sogenannten nicht-selektiven Betablockern (wie Carvedilol oder Propanolol) erwägen.
Wie kann man eine Ösophagusvarizenblutung vermeiden ?
Zunächst sollte geklärt werden ob ein Patient schon einmal eine Ösophagusvarizenblutung hatte. Das Therapieziel ist es die erste Varizenblutung (Primärprophylaxe) bzw. im Falle einer bereits stattgehabten Blutung eine nochmalige Blutung (Rezidivblutung) zu vermeiden (Sekundärprophylaxe).
Dies wird mit Medikamenten, sogenannten „nicht-selektiven Betablockern“ (Carvedilol z.B. oder Propanolol) erreicht. Diese Substanzen reduzieren den Blutdruck in den Ösophagusvarizen und somit das Ruptur-(Blutungs)risiko.
Die Erfolgskontrolle der Betablocker Therapie und auch die Identifizierung jener Patienten, die auf diese Therapie nicht ansprechen, ist sehr wichtig. Dies erreicht man durch die indirekte Bestimmung des Pfortaderdruckes im Rahmen einer Lebervenendruckmessung, welche über eine Halsvene erfolgt. Strenggenommen sollte jeder zirrhotische Patient mit Ösophagusvarizen einer Beta-Blockertherapie – kontrolliert durch eine Lebervenendruckmessung – zugeführt werden.
In der Vorbeugung der ersten Varizenblutung (Primärprophylaxe) sollten nur Patienten mit großen Ösophagusvarizen, welche trotz optimaler Betablocker Therapie nicht mit dem Pfortaderdruck abfallen bzw. den Betablocker nicht vertragen einer endoskopischen Varizenbehandlung (endoskopische Gummibandligatur im Rahmen einer Gastroskopie) erhalten. Zur der Vermeidung einer Rezidivblutung (Sekundärprophylaxe) ist unabhängig vom Druckabfall unter Betablocker Therapie eine Kombination von Betablockern und endoskopischer Varizenbehandlung angezeigt.
Wie kann man Bauchwasser behandeln ?
Bei jedem Patienten mit neuem, oder zunehmenden Bauchwasser sollte mittels Punktion und Diagnostik eine Entzündung (spontan bakterielle Peritonitis, SBP) ausgeschlossen werden und konsequent mit Antibiotika behandelt werden.
Aufgrund der schlechten Prognose sollte nach einer SBP-Episode eine Transplantationsevaluation angedacht und eine Antibiotika- Dauertherapie (zur Vorbeugung einer erneuten SBP) eingeleitet werden. Eine ev. bestehende Beta-Blocker Therapie zur Behandlung der portalen Hypertension sollte bei SBP beendet werden, weil diese bei Patienten mit einer SBP schwere Nebenwirkungen (Nierenversagen) und folglich eine höhere Sterblichkeit verursachen können.
Im Gegensatz dazu ist ein unkomplizierter (= nicht infizierter) Aszites durch die Abwesenheit einer SBP und durch die erfolgreiche Behandlung durch Allgemeinmassnahmen bzw. Entwässerungstherapie (Diuretika) (1. Schritt: Aldactone, 2. Schritt: Furosemid) charakterisiert. Nach Einleitung einer entwässernden Therapie muss auf die Nierenfunktion und den Elektrolythaushalt (Na+, K+) geachtet werden.
Was ist ein therapierefraktärer Aszites ?
Sollte nach Ausschluss einer Infektion (SBP) und optimaler Behandlung des Aszites mit Entwässerungstherapie von [gt]1 Woche es zu keiner adäquaten Elimination des Bauchwassers oder zu Komplikationen der Entwässerungstherapie (Na+/K+ Entgleisung, Anstieg der Nierenwerte) kommen, spricht man vom therapierefräktären Aszites. In diesem Fall sollte der Patient zur Evaluation für einen Transjugulären Intrahepatischen Portosystemischen Shunt (TIPS) und/oder eine Lebertransplantation an ein Transplantationszentrum zugewiesen werden.
Was ist ein TIPS?
Ein TIPS (Transjugulären Intrahepatischen Portosystemischen Shunt ) ist ein Röhrchen (Stent), welches durch den Interventionellen Radiologen über die Halsvene eingebracht wird und schließlich eine Lebervene direkt mit der Pfortader verbindet. Über diesen Stent kann das Blut dann plötzlich viel leichter durch die Leber hindurchfließen – der Druck in der Pfrotader sinkt- weniger Wasser wird in die Bauchhöhle gepresst- Der Aszites nimmt ab. Gleichzeitig fällt auch der Blutdruck in den Ösophagusvarizen, weshalb der TIPS auch zur Behandlung von schweren, wiederholten Varizenblutungen eingesetzt wird.
Die wichtigste Nebenwirkung des TIPS ist eine eventuelle Häufung von HE-Episoden (hepatische Enzephalopathie). Aus diesem Grund wird der TIPS nur eingesetzt wenn andere Methoden der Aszites, bzw. Varizenblutungskontrolle versagen.
Wie behandelt bzw. verhindert man die hepatischen Enzephalopathie ?
Die Hepatische Enzephalopathie (HE) ist ein komplexes Krankheitsbild, dessen genaue Mechanismen bis dato noch nicht komplett verstanden sind. Eine wichtige, aber nicht ausschließliche Rolle dürfte hier der Ammoniakstoffwechsel einnehmen. Aufgrund der mangelhaften Abbaufähigkeit des Ammoniaks in der Leber und der gebildeten Umgehungskreisläufe kann dieser ungehindert ins Gehirn gelangen und somit als stadienhafte Bewusstseinsstörungen verursachen. Frühe (milde) Phasen der HE sind durch Verlangsamung, verwaschene Sprache, Konzentrationsschwierigkeiten assoziiert, während fortgeschrittene Phasen mit Schläfrigkeit bzw. Koma einhergehen können.
Bei jeder Bewusstseinsveränderung eines zirrhotischen Patienten sollte daher an eine HE gedacht werden. Die Diagnose wird ist neben der genauen Befragung der Patienten (und der Angehörigen!), der Abnahme des Ammoniaks (unbedingt gekühlt ins Labor schicken, um falsch hohe Werte zu vermeiden), auch ein sorgfältiger Ausschluss von Auslösefaktoren notwendig. Häufige Auslöser einer HE sind zu starke Entwässerung, Schlafmittel (vor allem Benzodiazepine),Infektionen, sowie eventuell unbemerkte („okkulte“) Blutungen im Magen-Darm-Trakt.
Therapeutisch sind zunächst eventuell vorhandene Auslösefaktoren umgehend zu beseitigen (Absetzen von Schlafmitteln, Pausierung der Entwässerung, Elimination der Blutungsquelle etc.) und eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme des Patienten zu gewährleisten.
Die gegenwärtig zugelassenen und wirksamen medikamentösen Ansätze beruhen auf dem Eingreifen in den Ammoniakstoffwechsel im Darm, wo Ammoniak durch Darmbakterien produziert wird.
Das Abführmittel Lactulose (Laevulac® bis max. 1-6 EL/die), L-Ornithin-L-Aspartat (Hepamerz® bis 2-6 Beutel/Tag) und das nicht resorbierbare Antibiotikum Rifaximin (Colidimin® 1200mg/die f. 6 Monate) sind die Mittel der Wahl und sollten je nach Häufigkeit der Episoden bzw. Schwere der Beeinträchtigung pragmatisch kombiniert und auch als Vorbeugung einer neuerlichen Episode (Rezidivprophylaxe) eingesetzt werden. Im Verlauf ist v.a. auf Vorhandesein von Symptomen und nicht auf die Ammoniakhöhe zu achten, da letztere bei Leberzirrhose nur schlecht mit dem Schweregrad einer HE korreliert.
Ab wann ist muss man eine Lebertransplantation anstreben ?
Wie bereits erwähnt sind die beiden wichtigsten Punktesysteme in diesem Zusammenhang das Child-Pugh Stadium und das MELD Punktesystem. Letzterer wird weltweit für die für die Reihung der Patienten auf der Transplantationswarteliste verwendet. Ab einer Child-Pugh Punktezahl von 8 Punkten (Child B8 Punkte) bzw. einen 12 MELD Punkten sollte an eine Transplantationsevaluation gedacht werden. Ab einem ≥10 Child-Pugh Punkten (Child C10 Punkte) bzw. einem ≥15 Punkten MELD Punkten besteht eine klare Notwendigkeit für eine Transplantationsevaluation.
Wie erwähnt, erfassen beide Punktesysteme nicht alle klinischen Komplikationen der Leberzirrhose in ausreichender Art und Weise. Aus diesem Grund sollte der Patient spätestens nach Auftreten eines Dekompensationsereignisses (Bauchwasser mit/ohne Infektion, Ösophagusvarizenblutung, hepatische Enzephalopathie, Nierenversagen) bzw. eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) an ein Transplantationszentrum angebunden werden.
Das allerwichtigste ist die erfolgreiche Behandlung der zur Grunde liegenden Lebererkrankung ab dem Zeitpunkt der Diagnose.
Je nach gefundener Ursache bedeutet dies zum Beispiel absolute Alkoholkarenz, Start einer antiviralen Therapie (bei Virushepatitis), Immunsuppression (bei Autoimmunhepatitis, AIH), Aderlass (bei Hämochromatose) bzw. Ursodesoxycholsäure (bei primär biliärer Zirrhose, PBC) und konsequente diätische Massnahmen inklusive Gewichtsreduktion (bei NASH).
Zusätzlich kommt der optimalen Einstellung der anderen potentiell modifizierbaren Risikofaktoren (Diabetes, HIV Infektion etc.) eine große Bedeutung zu.
Text in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Markus Peck-Radosavljevic