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Angelika Widhalm unter Mitarbeit von Univ. Prof. Dr. Gabriele Moser

Die Diagnose „Hepatitis C“ ist eine, die das ganze Leben verändern wird, wie ein freier Fall aus allen Wolken ohne Fallschirm mit heftigem Aufprall. Der Betroffene verlässt die Arztpraxis, auf der Straße herrscht der gewohnte Verkehr, Menschen gehen vorüber, Geschäfte öffnen. Eigentlich ist alles wie immer, doch nichts ist wie vorher.

Tatsache ist, dass neben dem organischen Krankheitsbild der Hepatitis C – Infektion auch immense innerpsychische Prozesse stattfinden, welche vor allem in der Phase der Peg-Interferontherapie verstärkt werden können.

Ein häufiger Effekt ist, dass die Erfahrung „Ich habe Hepatitis-C“, einen aus diesem Netz schleudert, denn plötzlich fühlt man sich nicht mehr als einer unter gleichen, sondern wie ein „Alien“, ein Aussätziger, ein Ausgeschlossener. Man ist plötzlich „Seuchenträger“, der eine Gefährdung seiner Umgebung darstellt und alle Pläne und Visionen für die Zukunft geraten ins Wanken. Nichts scheint mehr sicher.

Tausende Fragen brechen über den Betroffenen herein:
– Warum ich?
– Was muss ich tun?
– Wie sage ich es meinem Partner, meiner Familie?
– Wie werden sie reagieren?
– Haben wir noch eine Zukunft?
– Wie gehe ich jetzt mit Freunden und Bekannten um?
– Was wird mein Arbeitgeber sagen?
– Kann ich es ihm überhaupt sagen, ohne meine Arbeit zu verlieren?
– Warum Hepatitis C

Es dauert einige Zeit, bis der erste Schock überwunden ist, doch dann ist es besonders wichtig, dass der Betroffene das Gespräch mit einem guten Freund, oder seinem Partner sucht, um erst einmal Druck abzulassen und darüber zu sprechen.

Der große Knackpunkt für die Psyche ist der neue Aspekt „Verdammt ich bin schwerkrank“.
Unsere Psyche bewältigt diesen Einbruch mit
– panischem Aktionismus
– Trauer
– Verzweiflung
– Depression
– Verdrängung
– Aggressivität
– Konzentrationsstörungen usw.

Für Angehörige ist dies ein erster Crash, denn augenscheinlich hat der Betroffene kein Bein verloren, blutet nicht, und war bis gestern doch eigentlich gut drauf.

Der Zusammenbruch ist ein innerer, da er die Identität des Betroffenen bis in den Grundstock seines Lebens erschüttert. Säulen, welche die Identität ausmachen, wie Beruf, Job, Beziehung, Freunde, soziales Umfeld, Zukunftspläne usw. sind mit einem Ruck alle angeknackst.

Gerade in dieser Phase wäre es besonders wichtig, dass der Betroffene, sowie sein familiäres Umfeld von geschulten und kompetenten Hepatologen, Neurologen, Psychologen, wenn nötig Psychiatern und Sozialarbeitern und Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen geführt, begleitet, aber vor allem ehrlich aufgeklärt wird.

Die Miteinbeziehung fachlich kompetenter Personen und das Gespräch mit anderen Betroffenen sollte so früh wie möglich erfolgen. Auch wenn man den genannten Fachgruppen heute noch eher skeptisch gegenübersteht. Auch auf die Unterstützung der Angehörigen darf nicht vergessen werden, damit sie ihren Ängsten und Unsicherheiten entgegenwirken können.

Wichtig ist zu erkennen, dass das Leben viel mehr zu bieten hat, als Hepatitis C, auch wenn es manchmal nicht so scheint.